Er steht vor der Haustür – der Winter, vor dem viele zittern. Während die warmen Sommermonate langsam ausklingen, wächst die Sorge um die Versorgungssicherheit – insbesondere beim Erdgas. Die lange kritisierte Abhängigkeit von russischen Importen fordert nun ihren Tribut und die Politik versucht händeringend, die deutschen Gasspeicher bis zum Winter zu füllen. Zumindest ist die Infrastruktur dafür vorhanden: Unsere Gasspeicher bieten im europäischen Vergleich üppige Kapazitäten und wir verfügen über ein hervorragend ausgebautes Gasnetz. Doch wie funktionieren Gasspeicher eigentlich und warum ist die Bevorratung so wichtig? In diesem Beitrag liefern wir einen Überblick mit spannenden Fakten rund um die Gasspeicher und die Versorgungssicherheit in Deutschland.
Deutschland gehört zu den Ländern mit dem höchsten Erdgasverbrauch der Welt. Jährlich verwerten wir in der Bundesrepublik um die 80 bis an die 100 Milliarden Kubikmeter. Das Gas kommt nahezu ausschließlich aus dem Ausland – und bis vor wenigen Monaten zu rund der Hälfte aus der Russischen Föderation. Dabei ist Erdgas nicht nur für Privathaushalte und öffentliche Einrichtungen wichtig. Mit einem Anteil von mehr als 36 Prozent am deutschen Gesamtverbrauch ist die Industrie der größte Abnehmer. Erdgas ist (noch) der wichtigste Energieträger für industrielle Fertigungsprozesse – beispielsweise bei der Aluminiumherstellung.
Gut zu wissen: Erdgas ist an sich ein durchsichtiges und geruchloses Gas. Dass es einen unangenehmen Geruch verströmt, ist tatsächlich eine Sicherheitsmaßnahme. Gasnetzbetreiber mischen zumeist schwefelhaltige Duftstoffe bei. Dadurch fallen beispielsweise Lecks in Gasleitungen schneller auf. Diese Beimischung wird als Odierung bezeichnet.
Nach den historisch niedrigen Füllständen bis zum Frühjahr 2022 heizte das Thema Gasspeicher die Politik und Energiewirtschaft regelrecht auf. Als Importland mit einem hohen Gasbedarf sind reichliche Gasvorräte für Deutschland essenziell, damit weder die Haushalte im Kalten sitzen noch die Wirtschaftsleistung gefährdet ist. Tatsächlich sieht es aktuell gut aus. Sparmaßnahmen und neue Lieferquellen ermöglichen eine erfolgreiche Bevorratung. Laut dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz können die gesetzlich vorgeschriebenen Zwischenziele für Oktober 2022 voraussichtlich schon im September 2022 erreicht werden.
Gut zu wissen: Das neue, im April 2022 in Kraft getretene Gasspeichergesetz regelt, wie viele Gasvorräte Deutschland anlegen muss. Im Rahmen der Novelle sind die Gasversorger dazu verpflichtet, die Speicher bis zum Winter schrittweise zu füllen.
Darüber hinaus sollen die Füllstände der Gasspeicher zum 1. Februar 2023 bei mindestens 40 Prozent liegen.
Warum müssen wir in Deutschland Erdgas speichern? Schließlich kann doch über Pipelines jederzeit neues Gas fließen oder von Flüssiggastankern hergeschafft werden? So einfach ist es in der Praxis leider nicht. Tatsächlich leisten die Gasspeicher einen wichtigen Beitrag zur Stabilität und Flexibilität des Gasnetzes und zur Versorgungssicherheit in Deutschland:
Gut zu wissen: Mit einem Volumen von rund 24 Milliarden Kubikmetern verfügt Deutschland über die größten Speicherkapazitäten für Erdgas in Mittel- und Westeuropa. Damit könnten wir das ganze Land über zwei bis drei kalte Wintermonate selbstständig und ohne Importe versorgen. So leisten die Erdgasspeicher einen sehr wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit.
Tatsächlich gibt es hierzulande nicht den einen großen Gasspeicher, der das ganze Land versorgt. Deutschland verfügt über viele verschiedene Speicheranlagen. Die Gasspeicher funktionieren prinzipiell wie riesige Behälter, in denen das eingespeiste Erdgas zwischengelagert wird – und zwar unter der Erde. Es gibt zwar Gasspeicher wie Stahlkugelgasbehälter, die über der Erde stehen. Diese haben allerdings eine sehr geringe Kapazität und wären in größeren Dimensionen technisch und wirtschaftlich nicht umsetzbar.
Ganz anders sieht es bei unterirdischen Gasspeichern in Deutschland aus. Bei den sogenannten Untertagespeichern greifen clevere Ingenieure auf die Speicherstätten zurück, die es schon längst gibt – und zwar in unserer Natur. Deutschland verfügt über zahlreiche geologische Strukturen, die sich ideal als Gasspeicher nutzen lassen:
Unterirdische Salzstöcke gibt es vor allem in Norddeutschland. Es sind teils riesige Strukturen, die als Gasspeicher umfunktioniert werden. Das geschieht hierzulande seit den 1960er-Jahren. Dazu wird ein zylindrischer Hohlraum im Salzstock ausgeschwemmt. Die so gewonnene Kaverne gibt aufgrund der abdichtenden Eigenschaften des umliegenden Salzgesteins einen großartigen Gasspeicher ab. Über etwa armdicke Bohrungstunnel wird das zu speichernde Erdgas dann mit sehr hohem Druck von der Oberfläche in die Kaverne gepresst und bei Bedarf wieder ausgelagert.
Bestimmte Gesteinsarten können Gase oder Flüssigkeiten wie ein Schwamm aufnehmen. Hierzu zählt typischerweise Sandstein, der aufgrund seiner porösen Struktur viele kleine Hohlräume und somit viel Speicherplatz aufweist. Wenn entsprechende Gesteinsformationen dann noch unter einer abdichtenden Siegelschicht wie Ton liegen, sind sie ideale Gasspeicher. Das Gas kann unterirdisch nicht entweichen. Als Porenspeicher werden ebenso ausgeförderte, also ehemalige Erdgas- oder Erdöl-Reservoirs genutzt.
Gut zu wissen: Selbst wenn sehr viel Erdgas im Netz benötigt wird, entnehmen die Betreiber von Gasspeicheranlagen nie das ganze Speichervolumen. Es bleibt immer eine Restgasmenge unter Tage zurück. Dieses sogenannte Kissengas hält einen Mindestdruck aufrecht, damit die geologische Struktur des Speichers stabil bleibt und nicht in sich zusammenfällt. Den tatsächlich nutzbaren Anteil des Speichervolumens nennen Ingenieure Arbeitsgas.
Über den riesigen unterirdischen Strukturen der Erdgasspeicher befinden sich weitläufige Anlagenkomplexe. Sie bestehen aus zahlreichen Maschinengebäuden und Leitungssystemen, vor denen Laien zumeist mit ratlosem Blick stehen. Tatsächlich passiert hier eine ganze Menge. Erdgasspeicheranlagen machen viel mehr, als nur Gas in der Tiefe ein- und auszulagern:
Erdgasspeicheranlagen befinden sich im Regelfall nicht in öffentlicher Hand. Sie werden von privatwirtschaftlichen Unternehmen betrieben. Tatsächlich lässt sich die Speicherung von Erdgas wie eine Dienstleistung verstehen. Die Betreiber der Anlagen stellen die technische Infrastruktur über Ausschreibungsverfahren bereit. Über diese können Kunden ihre Volumen ein- bzw. auslagern lassen und die Gasspeicher sozusagen mieten. Das sind in der Regel Energieversorgungsunternehmen (Gas- und Ölkonzerne, Energiehändler, kommunale Unternehmen wie Stadtwerke). Sie bestimmen rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr, wann eine Ein- oder Ausspeicherung der von ihnen gehandelten Mengen erfolgen soll.
Gut zu wissen: Ja, Erdgas ist ein Energieträger, der langfristig eine schwere Zukunft hat. Als fossiler Brennstoff ist er nicht mit einer klimaschonenden, treibhausgasfreien Welt vereinbar. Ganz anders ist es bei Biogas, welches klimaneutral ist. In den kommenden Jahrzehnten wird deshalb nach und nach auf die Nutzung des fossilen Gases als Brennstoff verzichtet werden. Macht das die Gasspeicher überflüssig? Im Gegenteil: Bereits heute gibt es Konzepte und erfolgreiche Praxisprojekte, um sie zur Lagerung von Wasserstoff umzunutzen – eine tatsächlich sehr clevere neue Speicherlösung für regenerativen Energien.
Nicht nur in Frankreich, auch in Deutschland betreibt ENGIE mehrere moderne Gasspeicheranlagen. Unsere Spezialisten der Tochtergesellschaften von Storengy Deutschland verwalten insgesamt sechs Speicherstandorte – davon drei Poren- und drei Kavernenspeicher Storengy hat die Expertise, Gasspeicheranlagen sicher und effizient zu betreiben sowie neue Speicherstandorte erfolgreich zu erschließen. Neben dem Kerngeschäft der Gasspeicherung beschäftigt sich Storengy schon heute mit klimaneutralen Energielösungen wie der Wasserstoffspeicherung und der Erzeugung von erneuerbaren Gasen.
Der Erdgasspeicher Harsefeld ist einer der leistungsfähigsten Speicher von Storengy Deutschland. Die Anlage befindet sich südlich von Hamburg und ging 1992 in Betrieb. Dort lassen sich in zwei Kavernen des Harsefelder Salzstocks rund 107 Millionen Kubikmeter Arbeitsgas lagern. Die Hohlräume sind jeweils knapp 300 Meter hoch und haben einen Durchmesser von 50 Metern. Das Besondere an der Anlage: Sie erreicht eine hohe Ein- und Ausspeicherleistung und verfügt über reaktionsschnelle Verdichter. Das macht sie zur idealen Lösung, um Spitzenlasten schnell und zuverlässig auszugleichen. Bei voller Auslastung könnte der Speicher über 50.000 Haushalte mehr als ein Jahr lang mit Gas versorgen.
Tipp: Mehr über Storengy und die vielfältigen Leistungen des Unternehmens erfahren Sie in der Infobroschüre „The energy of tomorrow starts with you!“ (in englischer Sprache).