Wie funktioniert eine Projektfinanzierung für Erneuerbare Energien? Das ist keine einfache Frage – und somit gibt es keine einfache Antwort. Bis ein Solar- oder Windpark tatsächlich Strom produziert, sind viele Dinge zu planen und zu klären – nicht zuletzt Geldfragen. Da existieren übliche Finanzierungsverfahren ebenso wie individueller Gestaltungsspielraum. Lars Quandel, geschäftsführender Gesellschafter des unabhängigen Beratungsunternehmens Dauerkraft Finance, beleuchtet die Thematik. In diesem Beitrag erklärt er, wie Verhandlungen zwischen den Banken und Projektentwicklern ablaufen.
Dass die Energiewende in Deutschland schon immer eine Mammutaufgabe war, zeigt sich deutlich – denken wir nur beispielsweise an die schieren Dimensionen von Technik und Material, die auf Feldern, auf Dächern, an Küsten und an anderen Orten verbaut werden müssen. Das Ziel: aus unserer zuvor kohlegeprägten Republik ein von fossilen Brennstoffen ressourcenunabhängigeres klimafreundliches Land voller grüner Energie zu machen. Doch genauso im kleinen Rahmen wird klar, wie hochkomplex die Energiewende ist – allein schon bei der Projektfinanzierung für Erneuerbare Energien.
Als fachfremde Person lässt sich nur vermuten, wie es etwa Windräder oder große Solarparks schlussendlich ins Gelände schaffen. Doch wie laufen die wirtschaftlichen Prozesse dahinter ab? Denn: Die Energiewende ist selbstverständlich nicht nur ein technischer Vorgang. So stehen Erneuerbare-Energien-Projekte im Regelfall vor der Herausforderung, einen Finanzierungspartner für ihr Vorhaben zu gewinnen. Darüber weiß Lars Quandel mehr – er unterstützt uns bei ENGIE Deutschland zum Beispiel auf den Windenergietagen als externer Experte.
Lars Quandel: Bei einer Finanzierung geht es aus Kreditgebersicht immer darum, mit welchen Einnahmen sich ein Darlehen laufend bedienen und zurückführen lässt. Für die Bankenfinanzierung von Erneuerbaren Energien gibt es grundsätzlich zwei Verfahren:
Dieser Beitrag konzentriert sich auf die im Markt vorherrschende Struktur, nämlich die erste der beiden Verfahrensarten.
Die Non-Recourse-Projektfinanzierung für Erneuerbare Energien ist an einige Anforderungen geknüpft. Diese bestimmen, ob ein Projekt für einen Kreditgeber wie eine Bank überhaupt infrage kommt.
Das folgende Schaubild zeigt die wesentlichen Beteiligten der Projektrealisierung und der Projektfinanzierung für Erneuerbare Energien. Es demonstriert ebenso, wie komplex Projektstrukturen der heutigen Energiewirtschaft sind.
Wenn das Projekt geplant, entwickelt und genehmigt ist, steht es vor dem Baubeginn. Zu diesem Zeitpunkt fragen Projektentwickler üblicherweise bei Banken die Projektfinanzierung an. Marktstandard ist, dass eine Bank sich bereits während der Bauphase an der Finanzierung beteiligt. Sie nimmt die Auszahlung nach Baufortschritt vor – analog zur Baufinanzierung eines Immobilien- Neubaus. Wenn Interesse einer oder mehrerer Banken besteht, werden die genauen Finanzierungsbedingungen zwischen den Beteiligten verhandelt. Hierzu zählen insbesondere:
Jeder dieser Parameter beeinflusst gleichzeitig die Kreditattraktivität. Ein Beispiel: Je länger die Laufzeit eines Darlehens ist, desto mehr Kreditvolumen kann das Projekt aufnehmen. Das liegt an dem bereits erwähnten Cashflow, der in den einzelnen Jahren durch das Projekt vereinnahmt wird. Von diesen Erlösen werden die laufenden Betriebskosten und Steuern abgezogen. Der restliche, freie Cashflow steht zur Bedienung des Fremdkapitals zur Verfügung – also für die Rückzahlung des Darlehens plus Zinsen. Folgende vereinfachte Annahme: Jedes Jahr stehen 500.000 Euro freier Cashflow zur Verfügung. Dann lässt sich beispielsweise über 20 Jahre mit insgesamt 10.000.000 Euro (20 x 500.000 Euro) mehr Fremdkapital bedienen als über 12 Jahre, in denen lediglich 6.000.000 Euro freier Cashflow vorhanden wäre. Aus dem freien Cashflow und dem Schuldendienst wird jährlich der Schuldendienstdeckungsgrad berechnet.
Formel zur Berechnung des Schuldendienstdeckungsgrads |
Erlöse |
Die verhandelten Parameter werden im Kreditvertrag und den dazugehörigen Sicherheitenverträgen aufgenommen. Zudem werden die Formulierungen des Kreditvertrages selbst verhandelt. Die Bank nimmt parallel eine eigene Prüfung des zu finanzierenden Projektes vor. Dies macht sie teilweise selbst, beauftragt jedoch ebenfalls externe Expert:innen, etwa für technische Fragen. Dafür muss ihr die Projektgesellschaft alle vorhandenen Dokumente vorlegen, was im Regelfall über einen virtuellen Datenraum erfolgt. Bei Erneuerbare-Energien-Projekten kommt dort leicht eine hohe zwei- bis sogar dreistellige Anzahl von Dokumenten zusammen.
Nach der erfolgreichen Prüfung und Genehmigung durch die Bank unterzeichnen die Beteiligten den Kreditvertrag sowie die Sicherheitenverträge. Diese Vereinbarungen bilden die vertragliche Basis für das Darlehen. Dann muss die Projektgesellschaft als Kreditnehmerin noch die vorher verhandelten Auszahlungsvoraussetzungen erfüllen. Erst danach gewährt die Bank das Darlehen. Hierzu sind überwiegend formale Nachweise zu erbringen, etwa der letzte Jahresabschluss, die Kontoeröffnung oder die Erfüllung der sogenannten Know-your-Customer-Bedingungen (KYC). Ebenso können je nach Projektstand weitere Dokumente und Nachweise entscheidend sein. Als Beispiele seien hier unterzeichnete Service- und Wartungsverträge oder die Sicherung der Landrechte genannt.
Sobald alle Auszahlungsvoraussetzungen erfüllt sind, erstellt die Projektgesellschaft als Kreditnehmerin den Kapitalabruf. Diesen reicht sie zusammen mit entsprechenden Rechnungsnachweisen bei der Bank zur Auszahlung ein. Daraufhin überweist die Bank die abgerufenen Kreditmittel auf das Konto der Projektgesellschaft und die laufende Zusammenarbeit zwischen Projekt und Bank beginnt.
Eine Projektfinanzierung für Erneuerbare Energien in Deutschland dauert üblicherweise um die 20 Jahre plus Bauzeit. Natürlich muss die Projektgesellschaft während dieser gesamten Finanzierungslaufzeit die Kreditbedingungen und die Schuldendienstfähigkeit sicherstellen.