Einen großen Beitrag zur Klimaneutralität liefern Windkraftanlagen ohnehin bereits. Den ökologischen Fußabdruck minimieren sie jedoch noch deutlicher, wenn sie am Ende ihrer Lebensdauer effektiv recycelt werden können und Teil einer Kreislaufwirtschaft werden. Einen großen Durchbruch im Zusammenhang mit dem vollständigen Recycling von Windkraftanlagen erzielte ein internationales Projekt, das den ersten Windturbinenflügel hervorbrachte, der vollständig recyclebar ist. ENGIE Laborelec, Teil von ENGIE Research & Innovation, war maßgeblich beteiligt an diesem sensationellen Fortschritt in der Rotorblattproduktion.
Die Windenergiebranche ist unermüdlich auf der Suche nach neuen Ideen und Werkstoffverbindungen für einzelne Bauteile von Windkraftanlagen. Ziel ist es, diese so vollständig verwertbar wie möglich zu machen, um das Repowering von Windrädern grüner zu gestalten. Eine Herausforderung stellten bislang die Windflügel dar, da es für herkömmliche Versionen noch keine Recyclinglösungen im industriellen Maßstab gibt. Das verbaute Material lässt sich nicht für neue Flügel wiederverwenden und hinterlässt nach seiner Nutzungszeit viel Abfall – ein Umstand, mit dem sich die Branche nicht zufriedengeben möchte.
Ob an Land oder auf See erzeugt – Windenergie spielt eine entscheidende Rolle beim weltweiten Übergang zur kohlenstofffreien Energiegewinnung. Mit einer Produktlebensdauer von 30 Jahren und einer 85- bis 90-prozentigen Fähigkeitsrate beim Recycling präsentieren sich Windkraftanlagen schon heute als ausgesprochen nachhaltig. Die Windkraftindustrie hat sich dennoch das Ziel gesetzt, die Lücke zu schließen – ein wichtiger Schritt dabei: die Entwicklung und Herstellung der ersten vollständig recycelbaren Rotorblätter für Windkraftanlagen. Im Rahmen des Projekts wurden zwei Varianten von Windflügeln - in den Längen 62 und 77 Meter hergestellt. Verwendet wurde das recycelbare thermoplastische Elium®-Harz, Ultrablade® GLAS-POWERED™-Gewebe und - im Falle des 77 Meter langen Flügels - Kohlefasern sowie ein Schergewebe aus recyceltem Elium®-Harz.
Nach zahlreichen Materialprüfungs- und Prozessversuchen gelang es im Jahr 2022, das erste 62 Meter lange Rotorblatt aus Thermoplastharz herzustellen. Es folgten die Inbetriebnahme der Klinge sowie Lebensdauertests, das Recycling von Produktionsabfällen, der Wiederabbau und das Recycling des Turbinenflügels sowie die Analyse der Testergebnisse. In Kürze werden die ökologischen und wirtschaftlichen Aspekte einer weiteren Verwendung des thermoplastischen Materials für zukünftige Rotorblätter vollständig beurteilt.
Die Erfindung stellt einen bahnbrechenden Fortschritt im Streben der Windindustrie nach einer Kreislaufwirtschaft dar. Das neue, im Juli 2023 produzierte zweite Zebra-Blatt mit einer Länge von 77 Metern und einem Schersteg aus recyceltem Elium®-Harz verwendet ebenfalls eine neue Holmkappen-Pultrudiertechnologie aus Carbon-Elium®-Harz und einen neuen Strukturkleber, der zusammen mit dem Elium®-Harz recycelt werden kann. Im zweiten Halbjahr 2024 sollen alle Analysen zum Vergleich der Umweltauswirkungen von Blättern aus dem ZEBRA-Projekt und herkömmlichen Duroplast-Blättern vorliegen.
Das Projekt wird eine große Wirkung auf die Windenergiebranche haben. Aktuell entstehen verschiedene Konsortien, die darauf drängen, Lösungen für den Altklingenabfall zu finden. Die nächsten Schritte auf dem Weg zum vollständigen Recycling von Windkraftanlagen sind die Zertifizierung des ZEBRA-Blatts und die Einrichtung von Pilotprojekten, um die Leistung des Rotorblatts in realen Situationen zu bewerten. Immer mehr Windparkbetreiber entscheiden sich für leicht recyclebare Optionen – es kann demnach davon ausgegangen werden, dass für das Recycling konzipierte Rotorblätter in Zukunft einen immer größeren Marktanteil einnehmen werden.
Das ENGIE-Forschungszentrum Laborelec baut auf diese wegweisenden Errungenschaften auf, um weitere zukunftsweisende Lösungen zu finden: In weiteren Forschungsprojekten wollen sich die Entwickler des Thermoplastblattes darauf konzentrieren, Möglichkeiten zur Verlängerung der Lebensdauer der neuen Klinge zu erarbeiten. Außerdem ist Laborelec sehr daran gelegen, Lösungen für die Verwertung des derzeitigen Rotorblattabfalls zu erarbeiten. So wandelt sich das vollständige Recycling von Windkraftanlagen Schritt für Schritt von einer Zukunftsmusik zur fortschrittlichen Realität.