In Richtung Klimaneutralität geht es nur gemeinsam – Politik, Wirtschaft und Gesellschaft fest vereint. Inwiefern unterstützt das Heizungsgesetz uns auf diesem Weg? Oder braucht es alternative Ansätze, um die Dekarbonisierung tatkräftig voranzutreiben? Im neuen „Impulse“ stellt Manfred Schmitz, CEO der ENGIE Deutschland, dar, welche Rolle dabei Verhältnismäßigkeit und eine starke internationale Zugkraft spielen.
Freuen Sie sich nach diesem Sommer mit Extremwetterereignissen auch auf ruhige Herbsttage? Jüngst ermittelte der EU-Klimadienst, dass die vergangenen drei Monate Juni, Juli und August weltweit „bei weitem“ die heißesten seit rund 120.000 Jahren, das heißt seit Anbeginn der Menschheitsgeschichte, waren. Für 2023 insgesamt prognostizieren die Wissenschaftler:innen des europäischen Erdbeobachtungsprogramms Copernicus gar ein neues Hitzerekordjahr. Einschneidende Hitzewellen, massive Dürren, hochlodernde Waldbrände und dramatische Überschwemmungen aufgrund der hohen Temperaturen auf allen Kontinenten lassen uns erahnen, woher diese Prognose rührt. Und dass sie sich aller Voraussicht nach bestätigen wird. Denn die Folgen des Klimawandels sind auf der ganzen Welt zu spüren – und auch bei uns in Deutschland längst angekommen.
„Politische Entscheidungen, unternehmerische Möglichkeiten und gesellschaftliche Akzeptanz müssen im Einklang stehen. Denn die Herausforderung ‚Klimaneutralität‘ meistern wir nur gemeinsam.“
Den Klimawandel einzudämmen, ist eine enorme Aufgabe. Diese können Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zweifelsfrei nur gemeinsam stemmen. Vor allem die Politik ist gefordert, entsprechende Rahmenbedingungen zu setzen – und hat dazu meines Erachtens bereits Schritte in die richtige Richtung unternommen. Allerdings gibt es auch fragwürdige Unterfangen. Aktuell in aller Munde ist die jüngst durch den Bundestag beschlossene GEG-Novelle (Gebäudeenergiegesetz), besser bekannt geworden als Heizungsgesetz. Akzeptanz sieht anders aus!
Damit Sie mich bitte nicht falsch verstehen: Grundsätzlich bin ich offen gegenüber allen Ideen und Maßnahmen, die uns auf dem Weg zur Klimaneutralität voranbringen. Ich möchte keinesfalls die politischen Entscheidungen der Bundesregierung generell in Frage stellen. Ohne Zweifel, im Kleinen wie im Großen müssen Verbräuche reduziert, Anlagen und Gebäude energieeffizient aufgestellt und fossile auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Um entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, kommen Politiker:innen eine große Aufgabe und eine enorme Verantwortung zu. Purer Aktionismus darf nicht die Lösung sein. Zeitgleich ist das Wärmeplanungsgesetz im Bundestag verabschiedet worden. Alle rund 11.000 Städte und Gemeinden werden verpflichtet, bis spätestens Mitte 2028 eine kommunale Wärmeplanung aufzustellen. Das ist, aus meiner Perspektive, der richtigere erste Schritt. Dort, wo Nah- und Fernwärmesysteme existieren, soll es – so der erste Schwerpunkt dieser Gesetzgebung – zu einem Ausbau kommen, da es viel einfacher ist, ein solches System klimaneutral auszugestalten als viele Einzelanlagen. Wir erarbeiten im Übrigen gerade in Gera, Saarbrücken und Berlin entsprechende Konzepte, um die Wärmeversorgung in diesen Städten bis zum Jahr 2040 nachhaltig auszurichten. Als zweiter Schwerpunkt der Wärmeversorgung werden Wärmepumpen genannt. Statt fossiles Erdgas zu verbrennen, nutzt man in dieser Technologie als wesentliche Energiequelle grünen Strom. Es wird für alle Kommunen eine spannende Aufgabe sein, ob und in welchem Umfang diese künftig auf Fernwärme, Wärmepumpen oder andere Energiequellen setzen. Bundesweit entwickelt und realisiert das Team der ENGIE Deutschland übrigens bereits jetzt viele Projekte für Stadtwerke und Kommunen, die deren Zukunftsfähigkeit sichern und in ökologischer wie ökonomischer Hinsicht Sinn ergeben.
Zusammengefasst: Politische Entscheidungen, unternehmerische und kommunale Möglichkeiten und gesellschaftliche Akzeptanz sollten – nein, müssen! – im Einklang stehen. Diese Balance ist essenziell, damit wir es gemeinschaftlich schaffen werden, die Treibhausgase zu reduzieren und das Ziel der Klimaneutralität voranzubringen. Klimaneutralität ist unser allergrößtes Zukunftsthema. Internationale Gremien und Veranstaltungen – wie die globale Klimakonferenz COP28 im November in Dubai, bei der auch ENGIE vertreten sein wird – sind für einen solidarischen Schulterschluss genauso wichtig wie die vielen kleinen lokalen Maßnahmen, die wir aus unserem täglichen Projektgeschäft kennen. Letztlich bin ich davon überzeugt, dass die Menschheit mit ihrer unendlichen Kreativität die Herausforderung Klimaneutralität wird meistern können – für eine enkeltaugliche Zukunft für alle Menschen weltweit auf unserem lebenswerten Planeten Erde.
Liebe Leser:innen, mit diesem „Impulse“ verabschiede ich mich von Ihnen als Chef der ENGIE Deutschland, da ich das Unternehmen zum Jahresende auf eigenen Wunsch verlasse. Ich bedanke mich herzlich für Ihr Vertrauen, Ihre Nachrichten und die angenehme Zusammenarbeit in den vergangenen mehr als zwanzig Jahren. Umso schöner wäre es, wenn Sie Ihre Gedanken zu diesem Thema nochmals mit mir teilen. Und vielleicht treffen wir uns in der kommenden Woche auch auf der EXPO REAL in München? Kommen Sie gerne bei uns in Halle B2, Stand 440 vorbei. Ich freue mich auf den konstruktiven Dialog mit Ihnen!
Herzlichst
Ihr Manfred Schmitz
CEO ENGIE Deutschland