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Grüner Strom, grüne Moleküle, Speicherlösungen: Forschung und Entwicklung in der ENGIE-Gruppe

22. Juni 2021

Im Jahr 2015 bekräftigte das COP21-Abkommen von Paris das Versprechen fast aller Nationen, die globale Erwärmung auf nicht mehr als 2 Grad, vorzugsweise auf 1,5 Grad Celsius, im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Heute sehen wir klar, dass wir als Gesellschaft unsere Anstrengungen noch erhöhen müssen, um dieses Ziel zu erreichen.
Bei ENGIE stellen wir uns dieser Herausforderung, um unseren eigenen und den CO2-Fußabdruck unserer Kunden zu reduzieren und neue Wege zu finden für unsere Aktivitäten. Was das für die ENGIE-Gruppe im Hinblick auf Forschung und Entwicklung bedeutet, erklärt Dr. Jan Mertens, Chief Science Officer von ENGIE, im Interview.

Eine klimaneutrale Welt bis 2050 – wie kann das funktionieren? Mit Verboten und Einschränkungen oder durch technologischen Fortschritt?

Für mich ist klar, dass die Technologie im Mittelpunkt der Energiewende steht. 75 % der Emissionsreduktionen, die wir als Gesellschaft brauchen, um unser Ziel der CO2-Neutralität zu erreichen, müssen von einer ganzen Reihe noch nicht ausgereifter Technologien stammen, wie der Ende 2020 veröffentlichte „Report on Energy Technology Perspectives“ der Internationalen Energieagentur (IEA, ETP 2020) herausgefunden hat. Dies bedeutet nicht, dass sie von Grund auf neu erfunden werden müssen; Vielmehr müssen sie schnell von Benchtop-Technologien in Labors zu Pilotprojekten, Demonstrationsprojekten und schließlich in den Markt hochskaliert werden. Wie das beispielsweise für Photovoltaik, On- und Offshore-Wind und neuerdings auch Lithium-Ionen-Batterien in den letzten Jahren bereits erfolgt ist. Der Preis dieser Technologien ist aufgrund ihrer Skalierung drastisch gesunken.

Forschung und Entwicklung spielen auch in der ENGIE-Gruppe eine große Rolle. Was sind die Schwerpunkte?

Unsere Forschungsaktivitäten konzentrieren sich insbesondere auf grünen Strom, grüne Moleküle und Speicher. Ein Großteil unseres Forschungsbudgets fließt dabei in Pilotprojekte. Wir arbeiten daran, Technologien vom Labor in den Pilot- und Demonstrationsmaßstab zu skalieren, bis sie schließlich von unseren Geschäftsbereichen und dem Markt übernommen werden können. Für fast alle Pilotprojekte haben wir Kooperationen mit Industrie, Hochschulen, Start-ups oder Forschungseinrichtungen.
 

Ausgewählte Pilotprojekte von ENGIE in Zusammenarbeit mit Partnern

 

 

 

 

Welche Technologien erscheinen Ihnen vielversprechend für die Energiewende?

Es ist schwer vorherzusagen, welche Auswirkungen unerwartete bahnbrechende Technologien auf das Erreichen der Ziele des Pariser Abkommens haben werden. Neue Lösungen wie künstliche Photosynthese, Höhenwind, Umwandlung von CO2 in biologische oder chemische Treibstoffe und vieles mehr können sich noch als wichtig erweisen, um uns auf dem Weg zur CO2-Neutralität weiterzubringen. Daher sind Investitionen in die Entwicklung dieser neuen Technologien von entscheidender Bedeutung, in Zusammenarbeit mit öffentlichen und privaten Akteuren.

Gas oder Strom – wie sehen Sie den Weg in eine CO2-freie Zukunft?

In vielen Energiediskussionen scheint man in gegensätzlichen Vorstellungen zu denken: Strom oder Gas zur Wärmeerzeugung; Lithium-Ionen-Batterien oder Redox-Flow-Batterien zur Netzstabilisierung; Strom oder Wasserstoff für die Mobilität; Biogas oder synthetisches Erdgas usw. Wir sollten die Diskussionen über gegensätzliche Technologien besser einstellen und uns stattdessen darauf konzentrieren, wo und wie sich diese Technologien ergänzen können. Die Energiewende wird keinen Gewinner haben: Wir werden viele neue Technologien brauchen, und es gibt keine einzige, die das Potenzial hat, diese Herausforderung allein zu meistern. Und die Aufgabe ist auch zu groß, um sie als Unternehmen oder Branche alleine zu bewältigen, und wir müssen über Branchen, Fachrichtungen und internationale Grenzen hinweg zusammenarbeiten, um unsere Klimaziele zu erreichen.

Ihre Empfehlung: Welche Trends sollten Unternehmen in ihrer langfristigen Nachhaltigkeitsstrategie berücksichtigen?

Um CO2-Neutralität bis 2050 zu erreichen, scheinen sich Experten und Unternehmen auf die folgenden drei wichtigen Pfade zuzubewegen. Die Reihenfolge ist dabei sehr wichtig:

  1. Energieverbrauch senken durch die Steigerung der Energieeffizienz aller Aktivitäten und Prozesse
  2. Möglichst viele Prozesse mit erneuerbarem Strom elektrifizieren, nicht nur in Sektoren wie der Mobilität, sondern wo immer möglich auch in industriellen Prozessen
  3. Wasserstoff und Moleküle für Prozesse einsetzen, bei denen eine hohe Energiedichte entscheidend ist oder für die Speicherung von Energie über längere Zeiträume

Bezogen auf den letzten Punkt: Grüner Wasserstoff wird ein wichtiger Energievektor werden für den Schwerlastverkehr und für Industrieprozesse. Aufgrund seiner geringen volumetrischen Energiedichte und der Herausforderungen im Zusammenhang mit Speicherung und Transport wird es jedoch entscheidend sein, diesen grünen Wasserstoff in Kombination mit CO2 oder N2 zu verwenden, um ihn in Moleküle mit höherer Energiedichte (z. B. Methan oder Methanol) umzuwandeln. Wenn CO2 als Ressource genutzt wird, sprechen wir von Carbon Capture and Utilization (CCU). Damit sollen Treibstoffe aus erneuerbaren Energien und CO2 synthetisiert werden (sog. e-fuels). Für die Nachhaltigkeit von CCU werden allerdings große Mengen an erneuerbarem Strom benötigt werden. Heute kommen noch innovativere Lösungen auf, wie flüssige organische Wasserstoffträger und Metallbrennstoffe, und es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Technologien für Transport und Speicherung von Energie nebeneinander existieren werden.

 

Veröffentlichungen zum Thema

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Unser Experte

Jan Mertens
Dr. Jan Mertens ist Chief Science Officer bei ENGIE Research und Gastprofessor an der Universität Gent. Er ist dafür verantwortlich, die langfristige Technologie-Vision von ENGIE zu entwickeln, die wichtigsten internationalen Akteure in der Forschung zu ausgewählten neuen Technologien zu identifizieren und Partnerschaften zu initiieren.

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