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ENGIE Deutschland Zero Carbon-Magazin: Nachhaltigkeit und Energieeffizienz im Büro – und was das mit New-Work zu tun hat

Nachhaltigkeit und Energieeffizienz im Büro – und was das mit New-Work zu tun hat

25. August 2020

Gastbeitrag

Wenn es um Nachhaltigkeit und Effizienz im Büro geht, stellen sich die Themen meist wie von selbst auf. In erster Linie steht der Energieverbrauch durch Heizung, Klima und Licht im Fokus. Dann die Möglichkeiten der Eindämmung dieser über Technologien, bauliche Maßnahmen und auch Nutzerverhalten. Und dann noch das Thema nachhaltige Baumaterialien oder „cradle to cradle“. Was (viel zu) selten im Fokus steht, ist die eigentliche Nutzung. Denn sie entscheidet zuallererst, ob ein Büro nachhaltig ist. Beim Neubau können optimale Nutzungsmöglichkeiten eher berücksichtigt werden, allerdings haben wir im Vergleich zum Bestand viel zu wenig Neubauten. Und sobald die Nutzung ins Zentrum rückt, ist es auch nicht mehr weit zu modernen Arbeitsplatzmodellen. Aber was hat das nun mit Nachhaltigkeit zu tun? Der Reihe nach…

Was sich in den letzten Jahren in Bezug auf Nutzung und Arbeitsplatzmodelle getan hat

Das Thema ist mindestens 20 Jahre alt. Innovativen Ansätze „schwappten“ zunächst aus den Niederlanden nach Deutschland, hier gehen „modern workplace projects“ locker in das letzte Jahrtausend zurück. Es entstanden die ersten sogenannten „nonterritorial-Welten“, bei denen den Mitarbeitern kein fester Arbeitsplatz mehr zugeordnet wurde und damit die Auslastung der Fläche positiv beeinflusst werden konnte. Danach und vor allem in Deutschland hat sich dann aber nicht wirklich viel getan. Das Thema wurde zwar in der Breite aufgegriffen, aber letztlich tendenziell auf eine einfache Art der Flächenreduktion subsummiert. Damit entstanden viele Projekte, die nicht wirklich die Grundprinzipien des „modern workplace“ verfolgt haben, sondern sich auf Open Space mit schicken Möbeln auf 400m² Brandschutzabschnitten reduzieren ließen. Und Großraum kreiert nun einmal keine neue Form des (Zusammen-) Arbeitens, sondern bringt nach wie vor die Nachteile wie schon in den 70ern erlebt. Nur bunter.

Pandemie als Entwicklungsbeschleuniger

Aber in die Entwicklung kommt jetzt Schwung. Denn das massive, pandemiebedingte Aufkommen der Homeoffice-Regelung hat vor allem eines bewirkt: Die Erkenntnis, dass eine deutlich andere Art zu arbeiten – vor allem auf Distanz, und das ist es ja, was bei modernen Arbeitsplatzkonzepten durch die Non-Territorialität ebenfalls zum Tragen kommt – eben nicht zu einem dramatischen Produktivitätsabfall führt. Häufig sogar ganz im Gegenteil! Natürlich wäre wünschenswert gewesen, dass die Chancen und Potenziale von modernen Ansätzen Argumentation genug gewesen wären, sich flächendeckend in diese Richtung zu entwickeln. Hier sprachen aber die nach wie vor hohen Beharrungskräfte dagegen. Aber sei es drum, die Erkenntnis ist nun da und sollte genutzt werden.

Ein Generationenthema? Oder doch etwas anderes?

Dabei ist die Akzeptanz von neuen Formen der Arbeit auch aller Erfahrung nach KEIN Generationsthema. Vielmehr prägte bisher eher das Umfeld die Einstellung seiner darin arbeitenden Menschen. Und nicht so sehr deren Alter, findet man doch ebenso viele aufgeschlossene Endfünfziger wie auch Innovationsverweigerer Ende Zwanzig. Die Affinität zu technisch alternativen Lösungen könnte allerdings die Akzeptanz etwas beschleunigen. Dies ist aber keine Frage der Einstellung, sondern eher der Entwicklung.
Viel wichtiger bei der flächendeckenden Akzeptanz und Anwendbarkeit von neuen Formen als der eigentliche Mitarbeiter, ist allerdings seine Führungskraft. Es bringt gar nichts, hoch flexibel, räumlich variabel, ressourcenschonend und interaktiv zu arbeiten, wenn dies von der Führungskraft nicht aktiv unterstützt wird und sie vor allem nicht über Fähigkeiten der Führung auf Distanz verfügt. Mobiles, flexibles Arbeiten benötigt auch mobiles, flexibles Führen. Und das haben in der Breite die Führungskräfte nicht gelernt und bringen es auch nicht wie selbstverständlich mit. Da hinein muss dringend investiert werden! Dies muss aktiv erarbeitet werden, sonst bewirkt das Strömen in die Homeoffices einen mittelfristigen Kontereffekt, der die Produktivitäts- und Effizienzwerte dann doch abschmelzen lässt. Geschult werden müssen also vor allem die Führungskräfte. Vor allem, da die Akzeptanz für die neue Art zu Arbeiten einen derart hohen Grad in der Belegschaft erreicht hat, der ohne die Pandemie wahrscheinlich nie erreicht worden wäre. Diesen Schwung gilt es zu nutzen!

Was „modernes Arbeiten“ heißt…

Aber was heißt jetzt „modern workplace“? Worin besteht die „neue Form des Arbeitens“? Diese Frage ist eigentlich ganz einfach zu beantworten. Modern heißt, dass das Arbeits(platz)umfeld zu der jeweiligen Art des Arbeitens optimal passt. Also telefonieren, ohne dass es andere stört. Konzentriert arbeiten, ohne dass man selber gestört wird. Teamarbeiten in einem inspirierendem Teamraum, der nicht zu groß und nicht zu klein ist. Ideen austauschen in einem kommunikativen und geselligen Umfeld. Vertrauliche Gespräche in vertraulichem Umfeld und vieles mehr.
Eine pauschale Aussage, „wir arbeiten jetzt deutlich kommunikativer und haben daher die Wände rausgenommen“ ist hingegen regelrecht töricht. Es ist bewiesen, dass Kommunikation umso rückläufiger ist, je hellhöriger ein Raum ist. Kommunikation gehört nicht grundsätzlich in die Arbeitswelt, sondern nur dahin, wo sie gefördert werden soll. Dort, wo konzentriert gearbeitet wird, muss sie verhindert werden. Das spricht für eine exakt an den gegebenen Situationen entlang entwickelte Raummelodie und nicht für Open Space. Und die wird durch eine ganz einfache Arbeitsartenanalyse festgestellt. 2-4 Wochen muss dafür der ausgewählte Bereich hinsichtlich einfach zu unterscheidender Arbeitsarten (Konzentration, Vertraulichkeit, 2er- oder Gruppendiskussion, Telefonie (laut und leise), Teamentwicklungsarbeit, Sitzungen, etc.) beobachtet und dokumentiert werden. Das Ergebnis ist eine aller Erfahrung nach sehr verlässliche Sicht auf die Dinge, die tatsächlich auf der Fläche getan werden. Und genau dazu muss die Raummelodie passen. Nicht zu ideologischen Überzeugungen.
Ist das Ergebnis beispielsweise, dass in einem Organisationsbereich im Schnitt 50% konzentriert gearbeitet und 30% telefoniert wird, dann sollte man das auch an den zur Verfügung gestellten Arbeitsplätzen ablesen können. Wird hingegen für dieses Beispiel ein Open Space-Bereich vorgehalten, dann ist dieser garantiert falsch. Dabei kann er noch so schön eingerichtet, hochwertig ausgestattet und vorbildlich technisiert sein, er wird einfach nicht funktionieren.

Die Brücke zu Energieeffizienz und Nachhaltigkeit

Aber was hat das nun mit Energieeffizienz und Nachhaltigkeit zu tun? Ganz einfach. Erhebt man zuallererst die tatsächliche durchschnittliche Nichtanwesenheitsquote und nähert sich dann den Grundprinzipien einer neuen und flexiblen Arbeitswelt, so wird man immer feststellen, dass man mit deutlich weniger Fläche auskommt, als es bisher der Fall war. Und hier sind Quoten von 50% überhaupt nicht unrealistisch. Ganz im Gegenteil, unter Einblendung der Homeoffice-Potenziale (bisher gar nicht berücksichtigt!) ist sogar noch deutlich mehr Reduktion drin. Und nichts, aber auch gar nichts ist so kosteneffizient und nachhaltig, wie eine Fläche nebst Einrichtung und Betrieb, die gar nicht mehr benötigt wird. Das ist das mit Abstand größte und zeitlich erste Potenzial, was alle heben können. Erst danach – und vor allem mit viel Abstand – kommen Lösungen wie Energieeinsparungstechniken oder Digitalisierung. So einfach, so gut.

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Unser Experte

Holger Knuf
Holger Knuf ist Leiter des Internationalen Instituts für Facility Management (i2fm).

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