In diesem Jahr wurden die Berliner Energietage aufgrund der COVID-19-Pandemie zur virtuellen Veranstaltung: zum digitalen Berliner Energiesommer. Insgesamt hatte das Online-Event, das zwischen dem 26. Mai und dem 17. Juni 2020 stattfand, mehr als 19.000 Anmeldungen erhalten – doppelt so viele wie in den vorangegangenen Jahren bei der Präsenzveranstaltung. ENGIE Deutschland war mit einem Fachpanel im Themenblock „Gebäude und Energie“ vertreten und beleuchtete mit vier Expertinnen und Experten, mit welchen Stellschrauben sich die Effizienz von Gebäuden steigern lässt. Moderiert wurde das Panel von dem Journalisten Jörg-Michael Junginger.
Holger Knuf, geschäftsführender Gesellschafter des Instituts für Facility Management in Oberhausen, widmete sich in seinem Vortrag dem Thema Flächeneffizienz: Wie wirken sich optimierte Nutzungskonzepte auf die Effizienz von Immobilien aus? Beschleunigt durch Klimaschutz, Energieeffizienz und zuletzt Corona ist die Betrachtung neuer Arbeitsmodelle als Stellschraube für eine effiziente Büronutzung wieder in den Fokus gerückt. Viele Büros sind überdimensioniert für das, was die Mitarbeiter darin tatsächlich tun. Das Ergebnis ungenutzter Gebäudeflächen ist unter anderem ein unnötig hoher Energieverbrauch. Es geht jedoch nicht darum, die verfügbare Fläche in Büros auf ein Minimum zu reduzieren. Im Zentrum sollten vielmehr die dort ausgeübten Tätigkeiten stehen. Die Kunst ist es, eine Balance zwischen zukunftsfähigen Arbeitswelten und Wirtschaftlichkeit zusammen mit einem guten Change Management zu finden. Das ist auch der erste Schritt in Richtung Steigerung der Gebäudeeffizienz.
Ein möglicher Lösungsansatz ist in diesem Zusammenhang das non-territorial oder active-based working – ein Prinzip, das einen maximalen Nutzungsgrad der Gebäudefläche anstrebt. Dabei hat kein Mitarbeiter einen festen, eigenen Arbeitsplatz, sondern besetzt jeden Tag einen Platz, der frei ist und dessen technische Ausstattung genau zur jeweiligen Art der Tätigkeit passt. So werden die verfügbaren Flächen maximal genutzt; zudem wird die teamübergreifende Kommunikation gestärkt. Dieses Modell praktiziert die ENGIE Deutschland in ihrem Berliner Büro am Südkreuz bereits erfolgreich.
Die zweite Säule des ENGIE-Panels bildete neben der Flächeneffizienz die Rolle der Daten für die Energieeffizienz. Anne-Caroline Erbstößer, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Technologiestiftung Berlin, zeigte in ihrem Vortrag, wie die Digitalisierung die Energieeffizienz in Gebäuden erhöhen kann und wo wir diesbezüglich aktuell stehen. Mit Gebäudedaten lässt sich nicht nur die Energieeffizienz eines Hauses, sondern die eines ganzen Quartiers maximieren. Verbaute Sensoren geben Aufschluss über die Nutzung des Gebäudes, weiterhin kann es sich mit den Nachbarbauten vernetzen. Anhand von Daten kann langfristig die Energieeffizienz gesteigert werden, weil das Gebäude so sinnvoll wie möglich betrieben wird. Zur Veranschaulichung stellte Anne-Caroline Erbstößer zwei Best-Practice-Projekte in Berlin-Tegel und in Berlin-Charlottenburg vor.
Prof. Birgit Wilkes, Leiterin des Instituts für Gebäudetelematik der Technischen Hochschule Wildau, beleuchtete in ihrem Vortrag die Verwendung neuer Technologien in Bestandsgebäuden. Das Nachrüsten von Sensoren ist grundsätzlich auch in älteren Gebäuden möglich und kann helfen, die Energieeffizienz zu erhöhen. Hier gilt es allerdings, die Nutzer mitzunehmen. Die Technik muss über lange Sicht für den Menschen da sein und nicht umgekehrt. Intelligente Gebäudetechnik kann beispielsweise helfen, dass ältere Menschen so lange wie möglich in ihrer Wohnung bleiben können, indem die Wohnung gewissermaßen auf den Menschen aufpasst. Nur wenn dieser Mehrwert glaubhaft vermittelt wird, kann die Akzeptanz smarter Technologien über alle Altersgruppen hinweg gesteigert werden.
Für einen runden Abschluss sorgte Gastgeber Stefan Schwan, Geschäftsbereichsleiter Facility Services von ENGIE Deutschland, der in seinem Vortrag einen Masterplan für Klimaneutralität – den sog. Green Way von ENGIE – skizzierte. Seine Kernaussage: die richtige Reihenfolge der Maßnahmen entscheidet, wie viele Einsparungen bei Energiekosten erreicht werden können. Nicht selten liegen diese bei bis zu 30% – und machen so Investitionsmittel frei, die für den Übergang zur Klimaneutralität eingesetzt werden können. Beginnen sollte man mit der Überprüfung der Nutzung des Gebäudes. Die Corona-Krise wirkte laut Stefan Schwan wie ein Katalysator. Immer mehr Menschen haben gemerkt, was möglich ist, vor allem in Bezug auf neue, flexible Arbeitsplatzmodelle. Erst nach der Optimierung der Flächennutzung sollte man die Energiequellen im Gebäude unter die Lupe zu nehmen und hinterfragen, ob eine Umstellung auf grüne Wärme und grünen Strom sinnvoll ist. Im letzten Schritt sollte man die Infrastruktur um das Gebäude herum betrachten. Könnten dort beispielsweise Ladesäulen installiert werden? Dann wäre dies möglicherweise ein Anreiz für Mitarbeiter, mit einem Elektroauto oder E-Bike zur Arbeit zu kommen. Einig waren sich alle Experten, dass die technischen Möglichkeiten, die Systeme und das Know-how bereits vorhanden sind, um Gebäude und Quartiere effizienter zu machen. Jetzt muss es darum gehen, Entscheidungsträger in Unternehmen und Kommunen mitzunehmen, um die vorhandenen Effizienzpotenziale tatsächlich zu heben.