Der Bau von neuen Gebäuden ist ein komplexes Unterfangen. Allein die Zahl der Bauvorschriften liegt im vierstelligen Bereich. Das im November 2020 in Kraft getretene Gebäudeenergiegesetz soll zwar die energierechtlichen Bestimmungen vereinfachen, ändert jedoch nichts an den Bauprozessen. Die vielen am Bau Beteiligten – vom Bauherrn über die Planer und ausführenden Unternehmen bis zu den späteren Nutzern sowie Genehmigungsbehörden – benötigen und erzeugen unzählige Daten und Informationen. Wie viel einfacher ließe sich die Zusammenarbeit gestalten, wenn jeder Akteur in Echtzeit auf die gleichen Daten zurückgreifen und diese – für alle sichtbar – stetig aktualisieren könnte. Genau an diesem Punkt setzt das Building Information Modeling (BIM) an. Die durchgängige Digitalisierung aller planungs- und realisierungsrelevanten Bauwerksinformationen in einem virtuellen Bauwerksmodell bringt nicht nur mehr Transparenz und Effizienz in der Bauphase. Darüber hinaus ermöglicht der Einsatz der BIM-Methode bereits am Anfang während der 3D-Planung, den späteren Betrieb des Gebäudes zu optimieren.
Das ist die Zukunft: Ein neues Gebäude lässt sich bereits virtuell im fertigen Zustand betrachten, bevor der erste Stein gesetzt ist. Alle Änderungen in der Planung werden per Mausklick vorgenommen. Mit der BIM-Methode soll das zur Realität werden. Mittels einer Gebäudedatenmodellierung entsteht das Bauwerk zunächst digital. Dazu werden sämtliche, für den Bau relevanten Daten, in die Planung integriert, und die beteiligten Akteure greifen alle auf die gleiche synchronisierte Datenbasis, das sog. Common Data Environment (CDE) zu. Besonders praktisch: Neben dem dreidimensionalen Gebäudemodell sind hier sämtliche Eigenschaften hinsichtlich Technik, Materialien sowie Bauphysik und Kosten für einen umfassenden Blick auf das Gebäude hinterlegt. Auch der spätere Betrieb wird bereits vor dem Baubeginn mitgedacht und auf Effizienz ausgerichtet.
Der Schritt zur Digitalisierung in der Baubranche ist überfällig. Durch die Einführung der BIM-Methode werden Projekte in Zukunft kostengünstiger, effizienter und schneller in der Abwicklung. Für ENGIE als TGA- und Energiedienstleister besonders spannend: Mit den Modelldaten können auch die Energieeffizienz des Gebäudes vorausschauend simuliert und verschiedene Varianten berechnet werden.
Während es bereits in vielen europäischen Ländern – so in Skandinavien, Italien, Großbritannien und Spanien – eine BIM-Pflicht gibt, sind in Deutschland erst einzelne Projekte umgesetzt worden. Eine Studie des Düsseldorfer Marktforschungsinstituts BauInfoConsult zur BIM-Nutzung in der Baubranche aus dem Jahr 2019 zeigt, dass die neue Technik im Schnitt bei einem Zehntel des Projektvolumens in Deutschland eingesetzt wird. Auch wenn bisher noch wenige komplette BIM-Projekte ausgeschrieben wurden, stellen sich die meisten Unternehmen aber bereits darauf ein, den BIM-Prozess in den kommenden Jahren bei sich einzuführen. Dazu trägt auch bei, dass die BIM-Methode seit 31.12.2020 in Deutschland verpflichtend für alle öffentlichen Infrastrukturprojekte ist, also für neue Straßen, Schienen, Flughäfen und den Infrastruktur-Hochbau.
Mit der Umstellung auf BIM ist ein nicht zu unterschätzender finanzieller und zeitlicher Aufwand verbunden. Viele bewährte Arbeitsweisen und Abläufe müssen durch neue Tools, Kompetenzen und Prozesse ersetzt werden. Voraussetzung für die reibungslose Teilnahme an einem BIM-Projekt sind leistungsfähige Softwarelösungen und offene Schnittstellen. Zudem müssen die Mitarbeiter in dem Veränderungsprozess geschult und neue Schlüsselpositionen besetzt werden. Auch eine einheitliche Sprache ist für das Building Information Modeling erfolgsentscheidend: Begriffe müssen von allen beteiligten Partnern gleich verwendet und definiert werden; ebenso bedarf es einheitlicher Standards für einen Austausch der Daten. Auch die Fragen über die Hoheit der Daten, deren Sicherung und die Zugriffsberechtigungen gilt es zu klären. Nicht zuletzt muss die gesamte Vertragsgestaltung überarbeitet werden.
Auf dem Weg zur BIM-Methode gibt es kein Zurück. Die Digitalisierung wird der Baubranche zu einer lange fälligen Effizienzsteigerung verhelfen. Gebäude stehen für rund 40% der jährlichen CO2-Emissionen – gerade hier ist Nachhaltigkeit von hoher Bedeutung. Das gilt sowohl für den Planungs- und Bauprozess als auch für den späteren Betrieb. Durch eine exakte und transparente Planung steigt die Arbeitseffizienz in der Bauphase, Ressourcen werden eingespart und die Fehlerquoten und das Nacharbeiten reduziert. Mithilfe einer genauen Erfassung aller Produkte, die am Bau verwendet werden, ist zudem in Zukunft eine Lebenszyklusbetrachtung des Gebäudes möglich, von der Projektentwicklung über die Planung, den Bau und die Nutzung bis hin zu Rückbau und Entsorgung der Bauteile. Mit geringem Aufwand kann die graue Energie für die Herstellung der Materialien ermittelt und bereits frühzeitig die Konsequenzen der eingesetzten Produkte auf die Nachhaltigkeit und den Energiebedarf berücksichtigt werden.
Entscheidend für den Erfolg eines BIM-Projekts ist es, die Ziele vorab klar zu definieren. Die Auftraggeber sollten sich bereits zu Beginn der Planung intensiv mit der Betriebsphase beschäftigen und eine detaillierte Auftraggeber-Informations-Anforderung erstellen. Die ENGIE-Gruppe arbeitet seit fünf Jahren an BIM-Projekten in unterschiedlichen Ländern, darunter in Spanien und den Niederlanden, und konnte hier wertvolle Erfahrungen sammeln.
Dabei ist Building Information Modeling für uns nicht nur eine 3D-Planung von Gebäuden. Wir blicken sowohl mit der Brille des TGA-Dienstleisters auf die Planung als auch mit der Erfahrung des Facility Managers auf den späteren Betrieb.
Derzeit gehört noch eine Portion Pioniergeist zu der Entscheidung, mit der BIM-Methode zu arbeiten. Aber genau jetzt ist auch ein guter Zeitpunkt, um erste Erfahrungen zu sammeln, internes Know-how aufzubauen und an der Umstellung der internen Prozesse zu arbeiten. Wir beraten unsere Kunden, die sich entscheiden, für ein Projekt teilweise oder komplett mit der BIM-Methode zu arbeiten, umfassend schon zu Beginn des Projektes: